Die Geschichte des «Bären» in Buchform

Der Bären gehört seit über 400 Jahren zu den stattlichsten weltlichen Bauten in Gonten. Seine Geschichte ist eng verzahnt mit derjenigen des Dorfes im Innerrhoder Hochtal. Historiker Achilles Weishaupt hat seine Geschichte zusammengetragen.  «Eine kleine Bären-Geschichte  » wurde kürzlich vorgestellt.

Monica Dörig

«Gmögig» liegt es in der Hand, das in rotes  Leinen gefasste Büchlein. Edel wirkt es mit den hübschen Vorsatzblättern mit dem Dessin einer beim Umbau des Gasthauses  entdeckten Tapete, mit einem in Gold geprägtem Bären auf dem Buchdeckel.  «Eine kleine Bären-Geschichte» wurde am frühen Freitagabend der Öffentlichkeit  bekannt gemacht. Im Cheminéezimmer des stilvoll renovierten  Gontner Gasthauses referierten Autor Achilles Weishaupt, Historiker aus Appenzell,  und Landammann Roland Inauen,  auch Kurator des Museums Appenzell und Präsident des historischen Vereins. Gastgeber Raphaël Brunner zeigte sich in seiner Begrüssung überzeugt, dass die Geschichte des «Bären» in Gonten, die in ihren 400 Jahren von einer Reihe erfolgreicher  Gastwirte geprägt wurde, noch lange fortgeschrieben werde. Dazu gehören  auch die Zukunftspläne, den Betrieb mit einem Neubau zu erweitern.

Ohne Gonten kein Innerrhoden?

Doch am Freitagabend ging es zurück zu den Anfängen. Die Geschichte des Dorfes Gonten und des Kantons und die Geschichte der ersten Schildwirtschaft (mutmasslich der spätere «Bären») sind eng miteinander verknüpft. Achilles Weishaupt behauptete gar, ohne Gonten gäbe es kein Innerrhoden, denn von hier aus startete ein wehrhafter Kaplan, den man während der Reformationswirren von Herisau weggewiesen hatte, 1531 einen Feldzug nach Appenzell, um die wankelmütigen Gläubigen zum rechten Glauben zurückzuführen. Wer weiss, ob es den kleinen katholischen Kanton sonst heute gäbe. Bestimmt gab es damals schon die eine oder andere Gaststube in der Siedlung im Gontner Hochtal. Erwähnt wird die erste Schildwirtschaft 1571. Es gibt einen wunderschönen  Taveen aus diesem Jahr im Museum Appenzell zu sehen. Wer weiss, vielleicht wurden die Pläne für den Glaubenskampf  und vielleicht auch zu den Partei- und Staatswirren in Appenzell Innerrhoden  1760-1829, zum berüchtigten Sutterhandel, im «Bären» geschmiedet.

Diversifizierung um zu überleben

Die Geschichte des «Bären» war eine bewegte  und füllt 60 schön bebilderte Seiten.  Das Restaurant und Hotel war und ist aus dem gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben Gontens und Innerrhodens nicht wegzudenken. Dendrochronologische  Untersuchungen haben ergeben, dass das Haus um 1600 erbaut worden ist. Zusammen mit dem ebenfalls sorgfältig renovierten Roothuus gehört es zu den prächtigsten Profanbauten im Bezirk. 2013 ging die letzte Wirte-Ära zu Ende. Charly Gmünder und seine Familie hatten  den «Bären» berühmt gemacht. Umso grösser war der Stein, der der Bevölkerung  vom Herzen fiel, als die drei Investoren  Jan Schoch, Charly Fässler und Henry Wenk (Hotel Bären Gonten AG) beschlossen, den «Bären» am Leben zu erhalten. Nach 17 Monaten Umbauzeit wurde das Haus am 2. April 2015 wieder eröffnet. Es vereint unter einem Dach ein Tagesrestaurant mit Bar und ein gehobenes  Gourmetrestaurant im ersten Stock, den Hotelbetrieb, einen begehbaren Weinkeller, ein Fumoir vor der ehemaligen  Esse und sogar eine Postablage, weil die Poststelle von Gonten im vergangenen Jahr geschlossen wurde. Der «Bären» war auch in seiner Vergangenheit  neben der Wirtschaft vieles, um seine Besitzer zu ernähren: eine Pilgerherberge (Gonten liegt am Jakobsweg)  und Erholungsort für Gläubige, die nach Gonten wegen erhoffter Wunder  wallfahrten; «Schmette», Metzgerei, Bäckerei, Konditorei, Spezereiladen, Stickfabrik, Fuhrhalterei, Versicherungsagentur  und in den Dreissigerjahren sogar  ein Kino. Seit 1963 wurde er als Hotel geführt.

Möbelmalerei und Musik

Achilles Weishaupt hat obwohl die Quellenlage  nicht sehr ergiebig war, viele Details zur Geschichte des Hauses zusammengetragen.  Hilfreich waren sein Spezialwissen in Genealogie und seine Forschungen zum Möbelmaler Conrad Starck (1769-1817), der sich vielleicht im «Bären» auch ab und zu ein Gläschen genehmigt hat. Er versammelte ausserdem  zum Teil kuriose Anekdoten, zum Beispiel aus den transkribierten Wunderberichten  aus der Kirche Gonten. Die Gontner hatten sich die eigene Pfarrrei,  die sie 1647 schliesslich erhielten, hartnäckig erstritten. 1873 wurden die Rhoden neu geordnet und der Bezirk Gonten gegründet. Roland Inauen referierte ebenfalls der Geschichte Gontens entlang, die Achilles Weishaupt in kompakter Form mit der Geschichte des Bären verwoben hat. Er schwärmte unter anderem vom Musikanten-  Doppelbett eines einstigen «Bären»Wirts, einem Prunkstück der Möbelmalerei  (heute in Privatbesitz). Er erinnerte an die um 1850 berühmten Gontner Sängerinnen,  die «Böhlmeedle», und das Liederbuch der Maria Josepha Barbara Brogerin (um 1730), die zum Ruf Gontens  als Zentrum der Appenzeller Musik beigetragen haben. Im letzten Jahrhundert  wurde im «Bären» sicher nicht nur sennisch musiziert und getanzt. Das Restaurant  besass einen der esten Phonografen  weitherum, wusste er.

Wirkung weit ins Land hinaus

Roland Inauen und Achilles Weishaupt dankten allen, die das Büchlein möglich gemacht haben, von den Auskunftspersonen  aus der Wirtefamilie Gmünder bis zum Gestalter Alfred Fässler, um nur zwei zu nennen. Roland Inauen erinnerte auch daran, dass unter Charly Gmünder der «Bären» ein bedeutender Ausbildungsbetrieb war, dessen «Nachwirkungen» bis heute im ganzen Land spürbar sind. In diesem Sinn wünschte er auch dem neuen «Bären» alles Gute für die Zukunft. Kulinarisch vielversprechende Prognosen liessen sich anhand der exquisiten Häppchen stellen, die im Anschluss an die Vernissage im Gewölbekeller gereicht wurden.

Das Büchlein «Eine kleine Bärengeschichte» ist in limitierter Auflage erschienen und im «Bären» käuflich zu erwerben.

Das schmucke Büchlein fasst die Geschichte des Bären und die Geschichte Gontens zusammen.

Historiker Achilles Weishaupt ist Autor der «Kleinen Bären-Geschichte».

(Bilder: mo) Landammann Roland Inauen hielt eine kurze Laudatio.

 


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