Johann Josef Hautle, Bauernmaler

Johann Hautle ist ein «Klassiker». Er malt in der Tradition der Bauernmalerei des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. In gut 50 Jahren hat er ein beachtliches, sehenswertes Werk geschaffen. Das Museum  Appenzell zeigt an die 100 Bilder, die auf der «Chutterenegg» und auf der Meglisalp entstanden sind.

Monica Dörig

Johann Hautle malt wie er lebt und arbeitet,  archaisch, im Einklang mit der Natur, mit seinem Tagwerk als Bauer und Senn, mit seinen Tieren. Auch wenn ihm heute  Maschinen die Arbeit erleichtern, auf seinen Bildern stellt er seine Welt so dar wie sie der Siebzigjährige aus seiner Jugend  kennt: Landwirtschaft ohne technische  Hilfsmittel, mit Ross und Wagen und Handarbeit. Und auf seinen Ölbildern ist im Gegensatz zu Bilder anderer zeitgenössischer  Bauernmaler immer schönes Wetter – weil der Bauer bei Regen und Schnee nicht draussen «weched». Johann Hautles Bilder beeindrucken durch eine urwüchsige Kraft und die besondere  Farbgebung der Hügel und der dramatischen Himmel. Seit er in den Sechzigerjahren erste Tafelbildli  gemalt hat, haben sich seine Sujets kaum verändert, hingegen erweiterte er seine Technik, die Formate und die Landschaften  zu Fantasie-Idyllen.

Johann Hautle malt am Stubentisch auf der «Chutterenegg» oder in seinem Atelier auf der Meglisalp. (Bild: Ernst-Hohl-Kulturstiftung Appenzell)

 

Ein Bauer der malt

Der Bauer lebt und arbeitet wie schon seine Vorväter. Und diese – seine – Welt malt er: Bauern ohne technische Hilfsmittel,  Pferdefuhrwerke, ein Senn beim «Tengele», ein Mädchen beim Heu rechen,  die Weide wenn sie «abgetzt» ist oder «tummt». Johann Josef Hautle ist wohl einer der letzten seiner Art. Ein Bauernmaler im klassischen Sinn – ein Bauer der malt. Ein Mann durchdrungen von der Hingabe an sein Tun, sei es wenn er mit den Tieren spricht, sei es wenn er auf seinen Bildern Hügellandschaften schattiert, wenn er auf dem Ofenbänkli  sein «Lendauerli» stopft, wenn er mit feinem Pinselstrich Bauernhäuser und Viehherden in die Szenerien setzt. Er ist vielleicht der letzte «Schüler» der klassischen Bauernmaler aus dem 19. und 20. Jahrhundert: Johann Baptist Zeller (1977-1959) und Franz Anton Haim (18301890). Von ihnen – und auch von andern namhaften Künstlern – hat er gelernt. In seinem Haus am sonnigen Hang hoch über Gonten, steht in der Nebenkammer eine beachtliche Reihe Kunstbücher. Früher hat er oft Kunstausstellungen besucht.

Johann Hautle mag manchmal wortkarg  sein, aber er weiss viel. Vor allem weiss er sehr genau was für ihn wichtig ist und was nicht. So verzichtet er zum Beispiel auf Radio und Fernsehen und liest die Zeitung wenn er Zeit dafür hat. Was wichtig ist, erfahre er früh genug, ist er überzeugt. So erlebt man ihn auch in Filmausschnitten in der Austellung. Da sagt er etwa: «Dazu (zu den Bildern) zu sagen habe ich eigentlich nichts. Es wird sowieso zuviel geredet». In einem andern Kurzfilm (von SRF) erklärt  er ausführlich wie er beim Malen vorgeht. Er sitzt am Stubentisch oder in seinem Atelier auf dem Alprecht Chäshütte  und mischt die Farben auf einem billigen Teller. Er hat ein eigenes «Verfahren  » entwickelt. Zuerst wird der Hintergrund gemalt: Authentische Bergketten  oder Felsformationen und Nebelmeere  aus der Fantasie, davor wachsen die lieblichen Rundungen der Höger. Grosse Farbflächen verwischt er oft mit einem Lappen. In seinen frühesten Bildern,  als er von seinem Bruder Sepp das Malen gelernt hat, leuchten die Weiden oft sonnig-gelb, jetzt sind sie satt-grün, manchmal mit Sonnenflecken oder Wolkenschatten  oder schon vom Herbst erdig-  bräunlich gefärbt. Und die Himmel erst! Sie strahlen Vegissmeinnichtblau, sind von der Morgenröte getüncht oder von schwefelgelben Gewitterwolken durchzogen.

Lieblingssujet Meglisalp

Da er mit Ölfarbe arbeitet, lässt Johann Hautle die Bilder lange trocknen. Das kann mehr als ein Jahr dauern. Die Bildformate  richten sich nach den Rahmen, die er in Brockenhäusern zusammenkauft.  Früher entstanden kleine Tafelbilder;  in über fünfzig Jahren Schaffenszeit hat er unzählige Formate gefüllt; für die Ausstellung hat er ein für Bauernmalerei riesiges Panorama von seinem Lieblingssujet,  der Meglisalp, angefertigt – 1,03 x 1,38 Meter gross. Es hängt in der Eingangshalle  des Museums. In einem zweiten Schritt besiedelt Johann Hautle seine grandios wirkenden Landschaften mit Menschen in traditioneller Bauernbekleidung, mit Kühen in einer Vielzahl von Farben und mit Alphütten, Bergwirtschaften, Bauernhäusern und «Gädeli». Zum Schluss versieht Johann Hautle seine narrativen Bilder wie seine Idole mit einem gemalten Passepartout, den er liebevoll mit filigranen Blumengirlanden  schmückt und in altertümlichen  Buchstaben signiert. Auf Hautles Bilder regnet oder schneit es nie. Denn bei garstigem Wetter arbeitet der Bauer nicht draussen, also gibt es auch nichts zu malen. Seine Gemälde strahlen eine archaische Kraft aus. Man kann sie fast mit Händen fassen, wenn man vor einer der dicht behängten Wände  im Museum steht.

Johann Hautle, Bauernmaler: Ausstellung im Museum  Appenzell bis 1. November 2015. Rahmenprogramm:  Führungen am Samstag, 20. Juni, 15.30 Uhr und am Samstag, 26. September 15 Uhr (im Beisein des Künstlers); Samstag, 4. Juli, geführte Wanderung nach Meglisalp, Besuch bei Johann Hautle in seinem Atelier im Alprecht «Chäshütte»; Samstag, 29. August, Jubiläum 100 Jahre Kanzlei und 20 Jahre Museum Appenzell, mit Kurzführung durch die Ausstellung.

Johann Hautles Bilder beeindrucken durch ihre archaische Ausstrahlung und das vielschichtige Farbenspiel. (Bild: Monica Dörig)

 

Quelle: Appenzeller Volksfreund

 

 

 

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