Ein Mystiker, Mittler und Mensch

Bis auf den letzten Platz füllte sich der Kronensaal in Gonten am vergangenen Freitagabend. Der Innerrhoder Josef Rosenast lebt seit vergangenem Jahr im Flüeli-Ranft und ist dort als Bruder-Klausen-Kaplan tätig. In Gonten erzählte er nun, was Bruder Klaus für ihn bedeutet.

Clemens Fässler

An erster Stelle betonte Rosenast die menschliche Seite von Bruder Klaus. Sein Wegzug in die Einsiedelei, seine Trennung von der Familie war auch für ihn schwierig und mit grossen Zweifeln verbunden. Rosenast erklärte auch, wie die Familie in die für alle betroffenen schwere Entscheidung miteinbezogen war. Es ist überliefert, dass Bruder Klaus mit vollen Einverständnis seiner Frau Dorothee und seiner Kinder losgezogen ist. Es ist denn auch Dorothee, die Rosenast immer wieder beeindruckt. Und er stellt fest: ohne Dorothee kein Bruder Klaus. Überdies waren seine ältesten beiden Söhne bereits volljährig und konnten den Hof übernehmen. Und das Eremitenleben war damals nichts aussergewöhnliches. Für uns im 21. Jahrhundert erscheint diese Trennung dagegen fremd bis unmenschlich. Und doch gibt es im Leben von uns allen Momente des Aufbrechens, die für uns und unsere Mitmenschen nicht einfach sind. In diesem Sinne können Niklaus und Dorothee ein Vorbild sein.

Friedensbotschaft

Der zweite Aspekt der Ausführungen von Josef Rosenast betraf das Wirken Bruder Klaus’ als Mittler. Niklaus war ein gefragter Ratgeber, Menschen vom Mittelmeer bis an die Nordsee kamen in den Ranft, um seinen Rat zu hören. Und da er selber weder lesen noch schreiben konnte, diktierte er seine Antworten, die er auf schriftliche Anfragen gab. Im Dezember 1481 erteilte er dem Stanser Pfarrer einen Rat, den dieser der zerstrittenen Tagsatzung als Einigungsvorschlag vorlegen konnte. Leider wissen wir von diesem berühmtesten Rat von Bruder Klaus nur, dass er ihn gegeben hat. Den Inhalt selbst kennen wir nicht. Sicher ist aber, dass dank Bruder Klaus der Friede unter den Eidgenossen bewahrt werden konnte. Bruder Klaus galt spätestens von da an als Friedensstifter. Auch nach seinem Tod wurde er immer wieder dann angerufen, wenn Not und Krieg herrschten, so auch in den beiden Weltkriegen. Die Botschaft von Bruder Klaus «Fried ist allweg in Gott» sei auch heute noch aktuell, so Pater Rosenast, und sich ihrer zu erinnern, noch immer notwendig. Dazu ist das Jubiläumsjahr «600 Jahre Niklaus von Flüe» da, aber auch viele eigenständigen Projekte, die überall in der Schweiz realisiert werden sollen.

Mehr Ranft

So heisst das Motto des Jubiläumsjahrs 2017. Damit ist die grosse Spiritualität angedeutet, die Bruder Klaus in seiner Einsiedelei im Ranft lebte. Er, der grosse Mystiker, der seine Kraft und sein Gottesvertrauen weniger in der Bibel fand, denn lesen konnte er ja nicht. Sein «Buch» war das berühmte Meditationsbild mit Christus in der Mitte und den sechs Strahlen, die abwechselnd nach innen und aussen zielen. Ziel des Jubiläumsjahrs ist es, Bruder Klaus den Schweizern näher zu bringen. Dabei geht es laut Rosenast nicht darum, dass alle in den Ranft pilgern. Er ermunterte die Zuhörerschaft, Bruder Klaus bei sich selber zu suchen: «Wo ist mein Ranft? Mein Kraftort, wo ich mich selber finden kann?» Gerade die vielen Kapellen im Appenzellerland und im Alpstein laden dazu ein, sich vermehrt mit Bruder Klaus auseinanderzusetzen.

 

Bildlegende: Pater Josef Rosenast zeigt das offizielle Jubiläumsbuch über Bruder Klaus «Mystiker, Mittler, Mensch – 600 Jahre Niklaus von Flüe».

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