Erfreulicher Zuwachs bei den Mitgliedern
Die Appenzellische Gemeinnützige Gesellschaft (AGG) tagte am Samstag in Gonten. 110 Stimmberechtigte bestätigten den Vorstand und fassten lauter einstimmige Beschlüsse. Vermeldet wurde ein erfreulicher Zuwachs bei den Mitgliedern, namentlich bei den juristischen Personen.
Rolf Rechsteiner
Das Restaurant Golf Gonten war bis auf den letzten Platz besetzt, als AGG-Präsidentin Vreni Kölbener-Zuberbühler nach Klängen der Kapelle Geschwister Gätzi die Versammlung eröffnete. Fünf Mitglieder der Standeskommission, zwei Ausserrhoder Regierungsräte, beide Stände- und zwei Nationalräte unterstrichen mit ihrer Anwesenheit die Bedeutung der Institution. Sie ist im sozial-kulturellen Umfeld beider Appenzell aktiv, unterstützt etliche Institutionen und leistet niederschwellige Soforthilfe für Menschen in Not.
Erfreulicher Zuwachs
Kassier Michel Peter freute sich, bei den Mitgliederbeiträgen einen Zuwachs von rund 12 000 Franken (+20%) verzeichnen zu können. Das sei ein gutes Omen, aber noch nicht das Ziel, führte er aus. In der Jahresrechnung 2014 resultierte nämlich bei Einnahmen von 137 000 Franken und Ausgaben von 217 000 Franken ein Verlust von rund 80 000 Franken. Das Vermögen reduzierte sich per 31. Dezember auf 1,287 Mio. Franken – «durchaus im Sinne der Aufgabe», wie Michel Peter erläuterte. Erfreulicher Mehrertrag ergab sich gegenüber Vorjahr auch bei den Kapitalzinsen. Auf der Ausgabenseite schlugen die Endabrechung der Videodokumentation zum Jubiläumsjahr (AR°AI 500), die Erneuerung des Alpkatasters AR und das Projekt «Jahrhundert der Zellweger» mit insgesamt 60 000 Franken zu Buche. Sie machten den überwiegenden Teil der ausserordentlichen Beiträge aus. Subventionen wurden im Umfang von 31 000 Franken geleistet, gemäss Beschluss der Jahresversammlung.
Traktanden durchgewinkt
Keinerlei Diskussion ergab sich bei den traktandierten Geschäften. Protokoll und Rechnung wurden genehmigt, dem Vorstand Entlastung erteilt. Die Wahlen waren Formsache, es lagen keine Demissionen vor. Die Jahresbeiträge, die Finanzkompetenz des Vorstandes und die Liste der Subventionen bleiben gemäss Antrag unverändert.
Gemeinnützigkeit
In ihrem Jahresbericht wies Vreni Kölbener auf den Schwerpunkt des AGG-Jahrbuchs (Heft 142) hin: Landwirtschaft sei nur auf den ersten Blick kein Thema der AGG, denn die tief greifenden Veränderungsprozesse des 19. Jahrhunderts hätten hohe Ansprüche namentlich an die Gemeinnützigkeit gestellt. Der Kampf gegen Hunger, die Hilfe zur Selbsthilfe, die Gründung der Frauenvereine, die Förderung der Arbeitsschulen und «Hülfsvereine » sei damals unverzichtbar gewesen. Veränderungsprozesse sind gerade jetzt wieder hochaktuell. Die Präsidentin unterstrich auch die Bedeutung der neu editierten Alpkataster, die Josef Inauen (AI) und Hans Eugster (AR) in mühevoller Lauf-, Schreib- und Kleinarbeit erstellt haben. Es handle sich um umfassende Nachschlagewerke, die auch als Wander- und Reiseführer dienen können, lobte sie.
AGG und die Heimgeschichten
Fast in eigener Sache schnitt sie auch das Kapitel «Heime – eine dunkle Geschichte? » an, denn die AGG hat die Gründung und den Betrieb etlicher Heime begleitet und unterstützt und tut es immer noch. Die negativen Schlagzeilen über Vernachlässigung, Gewalt und Missbrauch dürften nicht unbeachtet bleiben, sagte sie und (in Auszügen) wörtlich: «Was damals geschehen ist, war Unrecht. Die Aufsicht hatte versagt oder war mit den angewandten Methoden einverstanden. Das Geschehene kann nicht ungeschehen gemacht werden. Es gilt, aus der Vergangenheit die Lehren zu ziehen und es in Zukunft besser zu machen.» Vreni Kölbener verwies auf die aktuelle Flüchtlingssituation weltweit und mahnte an: «Wir haben erst aus der Geschichte gelernt, wenn sich unsere Nachkommen nicht für unser heutiges Verhalten oder für unsere Unterlassungen entschuldigen müssen.» Sie rief die Verantwortlichen und deren Nachfolger auf, sich bei den Betroffenen
Offene «Redaktionssitzung»
Einen Ausblick auf das Schwerpunktthema des nächsten Jahrbuchs gewährten die Redaktionsleiter Heidi Eisenhut und Hanspeter Spörri in einer offenen Gesprächsrunde mit Yves Demuth (*1981) aus Zürich und Christof Wamister (*1950) aus Basel. Beide haben sich intensiv mit den ungleichen Söhnen des Ausserrhoder Regierungsrates Wilhelm Sonderegger befasst. Hans Konrad (1891-1944) war Pfarrer, Jurist, Redaktor, für kurze Zeit Ausserrhoder Ständerat und schliesslich Nationalrat für den Kanton Baselland. Er hatte sich als wortgewaltiger Vertreter der Freiwirtschaftslehre profiliert in der Zwischenkriegszeit, als die Textilindustrie in die tiefste Krise ihrer Geschichte stürzte. Er profilierte sich als Kämpfer gegen die Übermacht der Banken und gegen die totalitären Regime. Aus seinen Ideen nährten sich später der Landesring der Unabhängigen (LdU), und WIR-Checks als Zahlungsmittel seien das greifbare Ergebnis seiner Freiwirtschaftslehre, wie aus der Versammlung erklärt wurde. René Sonderegger, der acht Jahre jüngere Bruder von H.K.S., näherte sich hingegen als Publizist der Frontenbewegung an. Er machte sich zum schwarzen Schaf der Familie.
Die Aufarbeitung dieser widersprüchlichen Biografien und der vertiefte Einblick in die Schriften und Briefwechsel der beiden Brüder dürfte spannend werden, wie spontane Reaktionen aus der Runde zeigten. Es gibt noch lebende Zeitzeugen, deren Wissen unbedingt für die Nachwelt gerettet werden muss.
Wissenstransfer (von links): Yves Demuth, Christof Wamister, Hanspeter Spörri und Heidi Eisenhut.
zu entschuldigen.
(Bild: Rolf Rechsteiner)