Freies Spielen will gelernt sein

Nicht weniger als drei Stegreif-Gruppen gibt es in der Bürgermusik Gonten. Die Tradition und der eigene Stil sollen weitergegeben  werden. Die jüngste Gruppe, sechs Burschen und eine junge Frau, üben regelmässig unter der Leitung von Roman Manser. Denn auch das Spielen ohne Noten will gelernt sein.

Monica Dörig

Etwa 15 Stücke hat die jüngste Stegreifgruppe  der Bürgermusik Gonten im Repertoire.  Sie spielen alle auswendig, wie es sich für Stegreif-Stücke gehört. Die jungen Leute durften schon einige Erfahrungen  und Erfolge sammeln mit Auftritten  am Schwingfest, an der Jubiläums-GAV der Kronbergbahn, vergangenes Jahr als Bundespräsident Ueli Maurer anlässlich  des Kantonejubiläums AR°AI 500 die 1. August-Rede auf dem Kronberg hielt. Sie zählen die Engagements nicht ohne Stolz auf; nervös seien sie vor Auftritten eigentlich nicht, sagen die jungen Leute. Sie spielen sehr entspannt «Rugguusseli », Walzermelodien und flotte Märschli und diskutieren in aller Ruhe über Tempi,  Akkorde und das Einhalten des Rhythmus.  Sie üben in einem Nebenraum der Mehrzweckhalle Gonten regelmässig vor der Gesamtprobe der Bürgermusik Gonten,  zu der sie gehören.

Jeder kann Anführer sein

Die sieben «Jungstegräfler» üben auch zuhause. Die Basis bildet dabei ein Notenbüchlein  der Musikgesellschaft Harmonie  Appenzell, die die Tradition der «Stegräfmusig» ebenfalls hoch hält. Was reizt die jungen Leute im Alter zwischen  16 und 21 Jahren, an dieser besonderen  Form der traditionellen Blasmusik?  Für viele ist es Familientradition in der Dorfmusik mitzumachen und vor allem Ausgleich zur Schule, zum Beruf. «Für mich ist Musikmachen ein Hobby, wie für andere der Sport», sagt einer der jungen Männer. Roman Manser, Leiter der Stegreifgruppe,  die erst vor guten einem Jahr gegründet  wurde, hat früher Klavier gespielt. Das Mitspielen im Ensemble macht ihm Spass, deshalb ist er Mitglied der Bürgermusik  geworden. «Übers Jahr gibt es etliche reizvolle Auftritte», sagt er. Man habe viel Spass miteinander, sei es im Orchester oder in der Stegreif-Formation. Die jungen Leute bestätigen das. Das sei das Schöne am «Stegräf», jedes Instrument ist gleich wichtig. Ausser der Tuba, kann jedes Melodieführer sein. «Wir schauen darauf, dass jeder Mitspielende  einmal führen kann», so Roman Manser, ihr «Trainer». «In einer Stegreifgruppe  braucht es unabhängige Musikanten,  Mitläufer sind fehl am Platz».

Das ideale Instrument gefunden

Die Sieben schätzen das freie Spiel der Stegreifmusik. «Jedes Stück klingt immer wieder anders, selbst wenn wir es schon hundert Mal gespielt haben», sagt Sepp Fritsche. «Stegreif ist etwas Besonderes weil man viel mehr aufeinander hören muss», erläutert  Roman Manser. «Umgekehrt muss man nicht besonders gut Noten lesen können, um mitspielen zu können», ergänzt  einer der Burschen. Musikgehör und Rhythmusgefühl sind wichtig. Die jungen Leute haben alle ihre musikalische  Ausbildung bei der Gontner Bürgermusik  genossen: Karin Bösch hat mit Cornet angefangen, spielt jetzt aber Eb-Horn weil ihr das grössere Mundstück besser passt. Auch Patrik Fritsche hat mit dem Cornet angefangen und wechselte  dann zum Euphonium, «weil grad jemand in dieser Stimmlage gebraucht wurde. Da hab ichs halt gemacht», sagt er locker «und jetzt bin ich gut darin». Für Hansueli Signer war das Euphonium das Startinstrument, jetzt bläst er die Tuba. Sie gibt dem Ensemble Boden und hält den Rhythmus. Für Reto Koch passte der Bariton schon immer. Auch Maurus Rusch hat sein ideales Instrument, das Cornet schon zu Beginn seiner musikalischen «Karriere» gefunden. Moritz Manser ist fast wie die Jungfrau zum Kind zu seinem Cornet gekommen.  In der ersten Lektion wurde ihm das Instrument in die Hand gedrückt und er ist dabei geblieben, erzählt er.

Mut und Sicherheit

Sepp Fritsche ist oft der Melodieführer. Die Rolle gefällt dem talentierten Trompeter  gut, gibt er zu. In der Bürgermusik hat er mit dem Es-Horn angefangen, das er auch heute noch bei Bedarf spielt. Ihm gefallen alle Arten von Musik; sogar ein bisschen Jazz hat er schon ausprobiert. Nach ihren Musikvorlieben gefragt nennen  alle Gontner «Stegräfler» die Musik die sie selbst spielen: traditionelle Blasund  Volksmusik. Früher stiegen die Jugendlichen gegen Ende der Primarschule in das Orchester ein, heute müsse Nachwuchsförderung schon früher ansetzen. Bereits ab der zweiten Klassse werden Kinder motiviert ein Blasinstrumet zu lernen, erzählt Roman  Manser Dass er bei den Jungstegreiflern Bariton spielt, gibt ihnen Sicherheit. «Wir können  mit seinem Rückhalt ein Stück auch durchziehen, wenn ein Fehler passiert», erklärt Sepp Fritsche. Freies Spiel und Improvisation braucht Mut und Sicherheit,  aber im Notfall erlaubt es auch ein paar Tricks. Und das will zuerst gelernt sein.

Die jungen Gontner «Stegräfler» proben regelmässig, vor allem vor Auftritten intensiver. (Bild: Monica Dörig)

Quelle: Appenzeller Volksfreund

 

 
 
 
 

 



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